Gestresst im Urlaub

Was HR tun muss, damit Mitarbeitende wirklich abschalten

LOFINO Redaktion
  • Erholungsbeihilfe
Lesezeit: Minuten | Aktualisiert: 01. Juli 2025

„Guten Morgen! Du siehst ja gestresst aus. Warst du nicht gerade im Urlaub?“
– eine scheinbar harmlose Begrüßung im Büro, die jedoch ein ernstes Problem widerspiegelt. Urlaub bedeutet nämlich längst nicht mehr automatisch Erholung. Viele Beschäftigte kehren trotz freier Tage müde, gereizt oder innerlich ausgelaugt zurück.

Für HR-Verantwortliche ergibt sich daraus eine besondere Herausforderung: Wie lässt sich echte Regeneration fördern, wenn der Urlaub allein nicht mehr ausreicht?

Das Erholungs-Paradox

Die neuesten Zahlen der Pronova BKK sind alarmierend: 43 Prozent aller Arbeitnehmer fühlen sich nach dem Haupturlaub schlecht bis mittelmäßig erholt. Für die Personalabteilung bedeutet das: Erholung ist nicht gleich Urlaub, sondern erfordert eine systematische mentale Regeneration, die Unternehmen aktiv gestalten müssen. Studien zeigen zudem, dass bei mehr als vier von zehn Beschäftigten die Erholung vom Urlaub noch nicht einmal eine Woche anhält.

Erholungsgrad von Arbeitnehmern nach dem Haupturlaub (Pronova BKK Studie 2024)

Besonders brisant: Überproportional betroffen ist die Generation Z – 40 Prozent von ihnen kehren gestresster aus dem Urlaub zurück, als sie gegangen sind. Diese Entwicklung stellt das traditionelle Verständnis von Urlaub als Erholungszeit infrage und macht deutlich, warum HR hier dringend handeln muss.

Ursachen

Warum Mitarbeitende nicht abschalten können

Digitale Dauererreichbarkeit als Erholungskiller

Die permanente Erreichbarkeit ist zum größten Feind echter Urlaubserholung geworden. Obwohl 66 Prozent der Berufstätigen im Urlaub eigentlich nicht arbeiten wollen, fühlen sie sich dennoch verpflichtet, erreichbar zu sein. Fast die Hälfte aller Urlauber checkt regelmäßig E-Mails und 59 Prozent glauben, dass dies von ihrem Arbeitgeber erwartet wird. Die Realität zeigt: Mitarbeitende wenden täglich durchschnittlich 1,3 Stunden für berufliche Aufgaben im Urlaub auf, bei der Generation Z sind es sogar zwei Stunden.

Der Teufelskreis aus Mehrarbeit und Schuldgefühlen

Ein zentrales Problem ist das systematische Muster der Mehrarbeit vor und nach dem Urlaub. 60 Prozent der Beschäftigten leisten vor dem Urlaub zusätzliche Arbeitszeit, um ihre Abwesenheit zu organisieren. Nach der Rückkehr warten im Durchschnitt acht Überstunden, um Unerledigtes nachzuholen. Besonders die Generation Z arbeitet vor dem Urlaub fast neun zusätzliche Stunden und nach dem Urlaub 8,7 Stunden.

Kulturelle Faktoren und verinnerlichte Leistungskultur

Die Unternehmenskultur spielt eine entscheidende Rolle dabei, ob Mitarbeitende abschalten können. Viele Mitarbeitende leiden unter dem sogenannten Zeigarnik-Effekt, also der psychologischen Tendenz, sich an Unerledigtes besser zu erinnern als an Abgeschlossenes. Hinzu kommen Schuldgefühle: 47 Prozent der jungen Arbeitnehmer:innen fühlen sich schuldig, weil Kolleg:innen während ihres Urlaubs deren Aufgaben übernehmen müssen. 51 Prozent der 18- bis 29-Jährigen fürchten zudem, dass in ihrer Abwesenheit wichtige Entscheidungen getroffen oder andere Teammitglieder bevorzugt werden.

Ursachen für fehlende Erholung im Urlaub

Die Grafik basiert auf folgenden wissenschaftlich belegten Daten aus den aktuellen Studien:

  • Mentale Unfähigkeit abzuschalten
    36% der Befragten können nicht von der Arbeit und dem Alltag abschalten (YouGov-Studie 2025). Dies ist der Hauptgrund für Stress im Urlaub.
  • Mehrarbeit vor und nach dem Urlaub
    60% empfinden starke Mehrbelastung vor dem Urlaub, durchschnittlich 8 zusätzliche Arbeitsstunden vor und nach dem Urlaub (Pronova BKK 2024). Generation Z arbeitet sogar 8,8 Stunden vor und 8,7 Stunden nach dem Urlaub zusätzlich.
  • Digitale Erreichbarkeit und E-Mail-Stress
    49% checken freiwillig E-Mails im Urlaub, 66% werden beruflich kontaktiert (Pronova BKK 2024) Durchschnittlich 1,3 Stunden täglich für Arbeit, Generation Z sogar 2 Stunden.
  • Schuldgefühle wegen Kollegenbelastung
    47% der Generation Z fühlen sich schuldig, weil Kollegen ihre Aufgaben übernehmen müssen (Expedia-Studie 2024) Bei Baby Boomern nur 16%.
  • Angst vor verpassten Entscheidungen (FOMO)
    51% der Generation Z haben Angst, dass wichtige Entscheidungen getroffen oder Kollegen bevorzugt werden, während sie im Urlaub sind (Expedia-Studie 2024) Bei Baby Boomern sind es nur 16%.

Rolle von HR

Warum Erholung eine Führungsaufgabe ist

Betriebliche Fürsorgepflicht neu denken

Als HR-Verantwortliche tragen Sie eine besondere Verantwortung für die Gesundheit Ihrer Belegschaft. Die betriebliche Fürsorgepflicht umfasst heute weit mehr als den klassischen Arbeitsschutz: Sie schließt auch die psychische Gesundheit und echte Erholung mit ein. Unternehmen, die hier nicht aktiv werden, riskieren nicht nur höhere Krankheitsstände, sondern auch Präsentismus und langfristige Leistungseinbußen.

Employer Branding durch Gesundheitsorientierung

In Zeiten des Fachkräftemangels wird die Gesundheitsorientierung zu einem entscheidenden Wettbewerbsvorteil. Unternehmen wie SAP, BMW und Daimler, die in den Top-Listen für Work-Life-Balance stehen, profitieren nachweislich von ihrem systematischen Ansatz zur Förderung der Erholung ihrer Mitarbeiter. Das betriebliche Gesundheitsmanagement wird somit zunehmend zum strategischen Instrument des Employer Brandings.

HR als Gestalter echter Auszeiten

Als HR können Sie die Rahmenbedingungen für echte Erholung schaffen. Dazu gehört nicht nur die Organisation von Urlaubsvertretungen, sondern auch die systematische Gestaltung aller drei Phasen: Vorbereitung, Urlaub und Wiedereinstieg. Moderne HR-Software kann dabei helfen, die Urlaubsplanung zu professionalisieren und Überschneidungen zu vermeiden.

Best Practices

Was Unternehmen konkret tun können

1. Digital Detox aktiv gestalten

E-Mail-Policies mit Vorbildcharakter etablieren: Unternehmen wie Daimler gehen mit gutem Beispiel voran und bieten ihren 100.000 Mitarbeitern das „Mail on Holiday“-System an. Dabei werden alle E-Mails, die während des Urlaubs eingehen, automatisch gelöscht und der Absender über eine Vertretung informiert. Volkswagen hat bereits 2011 eine E-Mail-Pause nach Feierabend eingeführt: Zwischen 18:15 Uhr und 7:00 Uhr empfangen Smartphones keine beruflichen Nachrichten.

Führungskräfte als digitale Vorbilder: 75 Prozent der Führungskräfte schalten bereits einige Tage vor Urlaubsende wieder in den Arbeitsmodus. Hier müssen Sie ansetzen. Schulen Sie Manager darin, zeitversetzte E-Mails zu versenden und echte Notfälle von Routineanfragen zu unterscheiden. BMW hat eine innovative Lösung gefunden: Mobile Tätigkeiten in der Freizeit können im Stundenkonto erfasst werden, wodurch aus „mal eben schnell die Mails checken” handfeste Überstunden werden.

2. Gesundheitsprogramme zur mentalen Regeneration

Resilienztrainings und Achtsamkeitsprogramme: Investieren Sie in ein viermonatiges Resilienztraining mit Transferbegleitung. Diese Programme kombinieren Präsenztraining mit Online-Elementen und Buddy-Systemen. Achtsamkeitstrainings in Unternehmen zeigen nachweislich positive Effekte. Die Teilnehmer berichten von signifikant reduziertem Stress und verbessertem Wohlbefinden.

Integration ins betriebliche Gesundheitsmanagement: Der Trend geht zur Integration ins betriebliche Gesundheitsmanagement (BGM) mit ganzheitlichen 360-Grad-Lösungen, die physische und psychische Gesundheit vereinen. Employee Assistance Programs (EAP) gewinnen zunehmend an Bedeutung und sollten Teil Ihres BGM-Portfolios werden.

3. Urlaub professionell begleiten

Urlaubsübergaben als HR-Checkpunkt: Führen Sie strukturierte Übergabegespräche zwischen Mitarbeitern und ihren Vertretungen ein. Definieren Sie klare Notfallkontakte und dokumentieren Sie wichtige laufende Projekte. Moderne Software für das Urlaubsmanagement kann dabei helfen, Prozesse zu standardisieren und Überschneidungen zu vermeiden.

Rückkehrgespräche mit Erholungsfokus: Führen Sie systematische Rückkehrgespräche am ersten Tag nach dem Urlaub, die sich auf die Erholung konzentrieren. Diese sollten sich nicht nur auf Arbeitsthemen konzentrieren, sondern auch gezielt nach der Erholungsqualität fragen. Nutzen Sie diese Gespräche, um Verbesserungsmöglichkeiten für zukünftige Urlaube zu identifizieren.

4. Finanzielle Anreize als Signal der Fürsorge

Erholungsbeihilfe strategisch einsetzen: Die steuerfreie Erholungsbeihilfe von bis zu 156 Euro pro Jahr und MItarbeiter*in ist ein kleiner Hebel mit großer Signalwirkung. Im Gegensatz zum regulär besteuerten Urlaubsgeld kommt die Erholungsbeihilfe ohne Abzüge bei den Mitarbeitenden an. Wichtig: Sie darf nur für tatsächliche Erholungsmaßnahmen verwendet werden und muss durch Belege nachgewiesen werden.

Moderne Benefit-Systeme nutzen: Ergänzen Sie klassische Erholungsbeihilfen durch moderne Benefit-Plattformen, die Wellness-Angebote, Sabbatical-Programme oder digitale Gesundheits-Apps umfassen.

Erholungsbeihilfe mit LOFINO

Entspannung ermöglichen:
LOFINO Erholungsbeihilfe

Mit der LOFINO Erholungsbeihilfe klappt die Umsetzung ohne Aufwand: Die Mitarbeitenden laden Belege für die Ferienreise direkt in der App hoch. Unsere Plattform übernimmt Prüfung, Dokumentation und Archivierung. Ihre Mitarbeitenden erhalten Rückerstattung mit der nächsten Lohnabrechnung.

Erholung ernst nehmen, bevor es zu spät ist

Fazit

Die Zahlen sprechen eine klare Sprache: Traditioneller Urlaub reicht nicht mehr aus, um echte Erholung zu gewährleisten. Als HR-Verantwortliche müssen Sie deshalb jetzt handeln und systematische Strukturen für mentale Regeneration schaffen. Die vorgestellten Maßnahmen zeigen Wertschätzung gegenüber Ihren Mitarbeitenden und steigern nachweislich deren Loyalität, Gesundheit und Produktivität.

Unternehmen, die heute in eine Kultur der Erholung investieren, sichern sich einen nachhaltigen Wettbewerbsvorteil im Kampf um die besten Talente. Die Generation Z macht bereits deutlich: Work-Life-Balance ist kein Nice-to-have, sondern ein entscheidender Faktor bei der Arbeitgeberwahl.

Gesunde Unternehmen brauchen entspannte Mitarbeitende – und nicht nur freie Tage.